Jeder Mensch ist schön, oder?

Sehr häufig treffe ich im täglichen Leben Menschen, von denen ich mir nach einigen Augenblicken, oder zumindest nach einigen Minuten im Gespräch denke, dass er oder sie gut zu einem meiner geplanten Foto Projekte passen könnten. Also  spreche ich diesen Gedanken in der Regel auch aus, sofern der Rahmen des Gesprächs es zulässt. 

Leider löst diese Ansprache aber nicht immer pure Begeisterung bei den betroffenen Personen aus. Viele meiner potenziellen Foto-Modelle reagieren zunächst mit Skepsis oder gar mit Ablehnung. Diese Unsicherheit ist aber in der Regel nicht mir als Fotograf geschuldet sondern viel mehr der persönlichen Unsicherheit der Menschen. All zu oft höre ich da ein “ich bin absolut nicht fotogen”, oder “da findest du sicher jemanden der hübscher ist als ich”.  Nun zugegeben, die wenigsten von uns würden bei einem Model-Casting im Fernsehen von einer Jury sofort ins Finale gewählt werden, aber ganz ehrlich, darum geht es auch nicht. Ich vertrete die Meinung dass jeder Mensch auf seine Art und Weise schön ist, und es die Aufgabe eines guten Fotografen ist, diese Schönheit, um nicht zu sagen diese Einzigartigkeit jenes Menschen vor der Kamera heraus zu arbeiten.  Denn völlig ungeachtet dessen, was uns die Medien, das soziale Umfeld oder diverse Schönheitsideale einreden wollen, jeder Mensch ist einzigartig und auf seine Art und Weise interessant.  Da mich dieses Thema unbewusst nun schon viele Jahre, und in den letzten Monaten vermehrt begleitet, habe ich diese Frage mit einigen meiner Kundinnen und Kunden besprochen. Die Antworten waren, so unterschiedlich die einzelnen Leute auch waren, dabei immer sehr eindeutig. Die meisten haben “Angst” davor, vor der Kamera zu stehen, weil sie dort oder da mit sich selbst nicht zufrieden sind. Gleichermaßen sind die meisten meiner “Stamm-Modelle” aber nach den ersten Bildern zum Entschluss gekommen, dass es doch ganz gute Bilder werden, die in unseren gemeinsamen Shootings entstehen. 

Und genau für diese Erkenntnis möchte ich eine Lanze brechen. Ich möchte alle Menschen ermutigen, sich vor eine Kamera zu stellen, und sich fotografieren zu lassen. Lasst euch einfach mal ein auf die Ideen eines “fremden” Menschen, der den Blick und den Fokus ganz auf euch legt. Geht gemeinsam mit dem Fotografen eures Vertrauens in den Dialog und gestattet ihm oder ihr den Blick von außen auf euch selbst. Denn sehr häufig liegen zwischen dem Selbstbild des Models und dem Blick des Fotografen auf sein Model wahre Welten.

Der Fotograf zeigt euch NICHT wie alle anderen euch sehen, sondern nur wie er oder sie euch sieht – Lasst euch darauf ein. Es kann wundervoll werden.